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Kino im Künstlerhaus
Kommunales Kino der Landeshauptstadt Hannover Sophienstr. 2 30159 Hannover Tel. 05 11/1 68-447 32 Fax 05 11/168-41488 Email: koki@Hannover-Stadt.de
Pressemitteilung
1.7. 19.00 Uhr Der frühe deutsche Tonfilm Cyancali Hans Tintner, Deutschland 1930, 90' mit Grete Mosheim, Herma Ford, Josefine Doramit
Hete ist Büroangestellte und Paul Arbeiter in derselben Fabrik. Sie sind verlobt. Als Hete ein Kind erwartet, beschließen beide, das Kind zu behalten, obwohl sie keine Wohnung in Aussicht haben. Doch als die Arbeiter der Fabrik ausgesperrt werden, versucht Hete, einen Arzt zu finden, der ihr helfen kann. Vergeblich. Sie sucht eine Kurpfuscherin auf. Von dem Cyankali, das sie als Abtreibungsmittel eingenommen hat, bekommt sie eine Vergiftung, an der sie stirbt. Ihre Mutter wird unter dem Verdacht der Beihilfe verhaftet. Auch Paul und dessen Freund Max, die aus Verzweiflung einen Einbruch in ein Lebensmittelmagazin unternommen haben, werden festgenommen.
2.7. 19.00 Uhr Der frühe deutsche Tonfilm Der Andere Robert Wiene, Deutschland 1930, 91' mit Fritz Kortner, Hans Ahrens, Paul Bildt
In seinem Amt als Staatsanwalt ist Herr Hallers als unbarmherziger Vertreter des Gesetzes bekannt und gefürchtet. Was indes niemand weiß, nicht einmal Haller selbst: er leidet an einer Bewusstseinsspaltung. Des Nachts schleicht er wie ein Verbrecher verkleidet in die übelsten Spelunken, wo man ihn als den „Freiherrn“ kennt. Bei einem seiner „Streifzüge“ lernt Hallers die berüchtigte Amalie Frieben kennen, die auch die „Rote Male“ genannt wird. Von ihr lässt er sich überreden, gemeinsam mit dem Gastwirt und Ganoven Dickert in das Haus des verhassten Staatsanwalts Hallers einzubrechen, um ihn zu töten - in seiner Umnachtung bemerkt er ja nicht, dass er selbst Hallers ist. Da ein anderer Verbrecher das Vorhaben bei der Polizei anzeigt, wird Hallers gemeinsam mit Dickert beim Einbruch in sein eigenes Haus überrascht. In diesem Moment wandelt er sich wieder zum Staatsanwalt, der sich an nichts erinnern kann, schon gar nicht an seine zweite Identität. Erst die „Rote Male“ schafft es, Hallers seine gespaltene Persönlichkeit vor Augen zu führen, was bei dem gesetzestreuen Juristen natürlich eine erhebliche Krise auslöst.
1. und 2.7. 21.00 Uhr Film des Monats Juni Ein vor Leben und Lebensrhythmen strotzender kleiner Erstling Dôlè - Das Lottospiel Imunga Ivanga, Gabun 2000, 92' dt.U. (Französisch, lokale Sprachen) Erstaufführung
In Libreville, der Hauptstadt des zentralafrikanischen Gabun, vertreiben sich Mougler und seine Freunde von der Straße die Zeit mit kleineren Diebstahldelikten und diversen Streichen. Nun aber ist Mouglers Mutter krank geworden und benötigt dringend teure Medikamente. Also beschließen die Jungs, einen Kiosk des neuen Lottospiels „Dôlè“ auszurauben, das die Stadt wie ein Fieber ergriffen hat. Leider entpuppt sich der Laden als gut bewacht... moviedata.de
4.7. 19.00 Uhr Perlen-Preview Girl King Ileana Pietrobruno, Kanada 2002, 80' OF Erstaufführung
Ein fantastisches Drag-King-Abenteuer, das unter den verführerischsten Freibeutern spielt, die jemals die Weltmeere befuhren. Es nimmt seinen Anfang, als die Königin von ihrem Liebhaber, dem König, verlassen wird und der Schuft ihren kostbarsten Edelstein mit sich nimmt - seither ist sie zu keinem Orgasmus mehr fähig.
So sendet sie denn Captain Candy aus, der den diebischen Verräter zur Strecke und ihr das Kleinod zurückbringen soll. Doch die Mission des königlichen Piraten schlägt fehl. Fast wäre die erzürnte Königin bereit, ihn an den Galgen zu bringen - da fällt ihr Blick auf ein höchst attraktives Stück seiner Beute: die jungfräuliche „Baby Butch“. Das ungestüme Verlangen der Regentin bleibt allerdings unerfüllt. Denn Butchs Herz ist schon von der schönen, allerdings strikt heterosexuellen Claudia gefangen genommen worden.
Butchs Unglück macht sich die Königin auf ihre Art zu Nutze: Für den Fall, dass es Butch gelingt, den gestohlenen Schatz zurückzubringen, stellt sie als Belohnung die Liebe der Angebeteten in Aussicht. So sticht denn Butch unter dem Kommando von Captain Candy in See und lernt rasch, was es heißt, ein Freibeuter zu sein. Wie man die Frauen frech angrinst und wie man zupackt als Mann. Schon bald sind die üblichen Regeln von Sitte und Anstand an Bord außer Kraft gesetzt - ein erotisches Chaos regiert. Zumal sich auf dem Schiff ein Matrose befindet, der Claudia verblüffend ähnlich sieht... Panorama, Berlin 2002
4. bis 6.7. 21.00 Uhr Mit Poesie für Toleranz Uttara Buddhadeb Dasgupta, Indien 2000, 99’ dt.U. (bengali) Preis für die beste Regie in Venedig 2000
Die Freunde Balaram und Nemal leben in einem Bergdorf und haben ein gemeinsames Hobby. Sie ringen. Als Balaram die schöne Uttara heiratet, wird aus dem Spiel langsam Ernst bis hin zu religiösem Fanatismus. Die Situation eskaliert, als Fundamentalisten eine Kapelle in Brand stecken. Rheinzeitung online
Es ist ein Film über meine Zeit und mein Land. Er konzentriert sich auf die Intoleranz, die ewige Spannung zwischen schön und hässlich und auf einen unzerstörbaren Traum. Uttara handelt weniger von Brutalität als von Unschuld, Respekt und Einfachheit, die zahlreiche Kräfte auseinander brechen und zerstören wollen. (...) Buddhadeb Dasgupta
5. und 6.7. 19.00 Uhr Lust auf Italien Palermo flüstert W. Gaudlitz, BRD 2001, 90’ dt.Erz./dt.U. (ital.)
Nach langen Jahren kehrt ein gealterter Poet, Sohn eines „Paten“, in seine Heimatstadt Palermo zurück. In imaginären Gesprächen wendet er sich an die Menschen, die er von damals kennt. Sie berichten ihm, wie es heute um Palermo steht. Dabei öffnet sich die Hauptstadt Siziliens wie ein riesiger Fächer.
7.7. 18.30 Uhr Die Monatsbesten Uttara B. Dasgupta, Indien 2000, 99’ dt.U. (bengali) Einführung: Dietmar Adler
7. bis 9.7. 21.00 Uhr S/M-Praktiken als Kunstform Sick: The Life and Death of Bob Flanagan, Supermasochist Kirby Dick, USA 1997, 90' dt.U. Erstaufführung
Bob Flanagan, Autor und Performance-Künstler, starb 1996 im Alter von 43 Jahren an der Lungenkrankheit Mukoviszidose. Sein Leben war von Anfang an durch große Schmerzen gekennzeichnet. Seine Art, mit dieser Situation umzugehen, war, sich selber Schmerzen zuzufügen, um somit nicht nur Kontrolle über sie zu gewinnen, sondern auch zu versuchen, diese Qual in Lust zu verwandeln. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Sheree Rose entwickelte er sadomasochistische Praktiken, die er dann auch in Performances umsetzte. So entstand unter anderem eine Reihe von S/M-Videos, die Teil dieses Films sind.(...) Verleihmitteilung
Der Prozess des Sterbens als Thema einer Dokumentation hat mich schon lange beschäftigt. Gleichzeitig wollte ich einen Film über einen Freund machen, weil dadurch die Distanz zwischen Filmemacher und Gefilmtem wegfällt. Mit Bob war das möglich und ich konnte Masochismus, Sexualität und Krankheit emotional und auch philosophisch sehr tiefgehend ausloten. Kirby Dick
8.7. 18.30 Uhr Der frühe deutsche Tonfilm Die Dreigroschenoper G. W. Probst, Deutschland/USA 1931, 110' mit Rudolf Forster, Reinhold Schünzel, Fritz Rasp
Brecht/Weills Gangsterballade von Mackie Messer, der vom Bettlerkönig Peachum, dessen Tochter er heimlich geheiratet hat, an den Galgen gebracht werden soll. Als Peachum jedoch durch die störende Demonstration seiner Bettler bei den Krönungsfeierlichkeiten in Schwierigkeiten kommt, sind er und sein Gönner, der korrupte Polizeichef Tiger Brown, froh, in der neugegründeten Bank Mackies unterzuschlüpfen. Lexikon des internationalen Films
9.7. 19.00 Uhr Der andere Blick Das Ministerium für Staatssicherheit - Alltag einer Behörde C. Klemke/J. N. Lorenzen, BRD 2002, 90' Erstaufführung
Nichts war in der DDR so geheim, wie die Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Bedrohung, die vom MfS ausging, war unbestimmt und unkalkulierbar. Selbst Betroffene ahnten oft nicht, wie weit der Arm des MfS reichte. Für fast 100.000 hauptamtliche Mitarbeiter war das MfS jedoch täglicher Arbeitsplatz. Neun von ihnen, zuletzt Generäle oder hohe Offiziere, traten nun vor die Kamera und erzählen vom Innenleben des MfS-Apparates, vom Lebensgefühl seiner Mitarbeiter und von den Techniken der zur täglichen Routine gewordenen Geheimdienstarbeit. Wie verlief eine Verhaftung, wie ein Verhör, wie die Anwerbung eines Inoffiziellen Mitarbeiters, und was waren die Praktiken in der Untersuchungshaft? Sie erzählen von ihrer Befriedigung beim Erreichen eines Geständnisses, von ihrem Verhältnis zu Minister Mielke und von ihren Gefühlen gegenüber abtrünnigen Mitarbeitern.
Das Ministerium für Staatssicherheit - Alltag einer Behörde ist kein Film investigativer Spurensuche und sensationeller Enthüllungen, sondern ein Film über Menschenbild, Selbstverständnis und Rechtfertigungsstrategien der ehemaligen Tschekisten. Ein Film über die menschenverachtenden Techniken der Stasi - erzählt von den Tätern selbst. Verleihmitteilung
11. bis 13.7. 19.00 Uhr Lust auf Italien Lampedusa Emanuele Crialese, Italien/Frankreich 2002, 90' dt.U. mit Valeria Golino, Vincenzo Amato, Francesco Casisa
Einfühlsame Charakterstudie einer Frau jenseits der Normen und gesellschaftlichen Reaktionen auf ihr Verhalten, wobei soziale und sexuelle Probleme nur angedeutet werden, da sich der Film vor allem auf atmosphärisch schöne Bilder beschränkt. film-dienst
Lampedusa ist ein Augenschmaus, ein stiller und außergewöhnlicher Film, der seine Authentizität vor allem durch die zahlreichen Laiendarsteller gewinnt. Rhein-Zeitung
11. bis 16.7. 21.00 Uhr Die schönsten Dinge im Leben kann man sich nicht kaufen Japón Carlos Reygadas, Mexiko/Spanien 2002, 122' dt.U. Erstaufführung mit Alejandro Ferretis, Magdalena Flores, Yolanda Villa, Martín Serrano, Rolando Hernández
Die Reise beginnt in Mexiko-Stadt und führt hinaus aufs weite agavenbewachsene Land und in die kargen Berge. Der Film folgt den Spuren eines namenlosen, nicht mehr ganz taufrischen, leicht gehbehinderten und von Sehnsüchten gepeinigten Mannes, der als Frage auf sein Ziel irgendwann angibt, sich in der Einsamkeit das Leben nehmen zu wollen. Warum, erfährt man nie wirklich. Dafür aber sieht man ihn eine Beziehung zu der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Greisin Ascen beginnen - und in einem Akt der sexuellen Befreiung gipfeln.
In Japón betritt der Zuschauer eine ihm gänzlich unbekannte Welt, und muss sich wie der Held in dieser erst einmal zurechtfinden. Weil dies Zeit braucht, lässt sich auch Japón Zeit, das Leben im Tal zu beobachten. Reygadas lässt dazu die Kamera in langsamen Schwenks das beeindruckende Panorama erfassen, erforscht die Räume mit peinlicher Genauigkeit. Ob ein vor sich hinwesendes totes Pferd, eine Prozession aus dem Nichts auftauchender und größtenteils in festliches Weiß gekleideten Kinder, ein fettes in der Nase bohrendes Machokind oder gegen Ende beim Monolog eines armen betrunkenen Arbeiters, der die Leute vom Film versehentlich vor laufender Kamera nach der nächsten Flasche Schnaps fragt - Japón gibt auf fast dokumentarische Weise Einblick in das Leben des bergigen mexikanischen Hochlandes in der Provinz Hidalgo. Thomas Volkmann, programmkino.de
13.7. 16.00 Uhr Uraufführung: live musikalisiert Flucht Rudolf Dornis, BRD 2003, Erstaufführung
Kompositionen von Heribert Leuchter, Andreas Burckhardt und anderen Ausführende: Kammerorchester der Universität Hildesheim Ltg. Willfried Beck/Andreas Burckhardt/Jan Hellwig Darsteller in der Reihenfolge des Auftritts: Elke Köhler, Eginhard Lindner, Phillipp Johnson, Diego León, Karsten Wirths, Pedro Lambrette, Jan Kluczewitz, Porsche 356 B, Gela Straube, Dicky Stephanus.
Der Film Flucht entstand als Projekt zum Thema „Film und Musik“ in Zusammenarbeit mit Jan Hellwig vom Institut Musik und Musikwissenschaft der Universität Hildesheim und dem Filmemacher Rudolf Dornis. Die Idee ist, einen selbst produzierten Kurzfilm mit extra dafür geschaffenen Kompositionen und Improvisationen zu verbinden. Die Wahrnehmung des Films soll in dieser Premierenvorstellung im Kommunalen Kino Hannover durch drei verschiedene „live“ Einspielungen beeinflusst werden.
Die Veranstaltung dauert ca. 1 Stunde Der Eintritt ist frei
14.7. 19.00 Uhr Der andere Blick Prüfstand 7 Robert Bramkamp, BRD 2001, 99' Erstaufführung mit Inga Busch, Matthias Fuchs, Peter Lohmeyer
Am 3. Oktober 1942 startete in Peenemünde die erste Rakete ins Weltall. Die Deutschen hatten keine Ahnung, dass sie damit einen Geist ins Leben gerufen haben. Er heißt Bianca. Es ist der Geist der Rakete. Nur in den Bildwelten der Rakete kann uns Bianca begegnen: Sie erscheint als Enkelin von Ruth Kraft, die über Peenemünde den Roman „Insel ohne Leuchtfeuer“ schrieb. Sie ist Astronautin in der lebensrettenden Bremer Hose auf der Internationalen Weltraumstation. Sie wird Roman-Figur, Filmdiva, Raketenfreundin, US-Soldatin im KZ Dora Stollen, Space-Modell, UFA-Star, Geschichtsforscherin in Peenemünde und überhaupt scheint sie Rollen anzunehmen, die ihrer Suche nach ihrem Ursprung dienen.
Der Mythos Rakete entfaltet seine unbekannten Seiten. Die Faszination der Deutschen mit diesem ersten, so anschaulichen Objekt einer autonom lebenden Technik hält bis heute an. Zwischen Ursprung und Gegenwart der Rakete reist Bianca quer durch Deutschland und die Zeit - von der High Tech der Daimler Chrysler AG bis zu Wikingern, die in Peenemünde neben der Rakete zelten und weiter nach Bremen wo, ein Disney-Space-Park entsteht. Woher stammt die magische Kraft der Rakete? Was ist ihr geheimes Ziel? Wer ist diese Stimme, die ihr angeblich helfen will? Auf den Spuren Biancas entsteht die Charakterstudie einer Maschine, die alles auf den Punkt bringt, was wir nicht mehr zusammenbringen können. Diese Maschine ist vieles zugleich: Superphallus, Maschinenbraut, Junges Ding, alte Hexe, Technik mit 20000 Einzelteilen und auch Geist, Gespenst, Inspiration und nicht zuletzt: Vampir. Vielleicht sogar ein Kunstwerk oder eher ein Quasi-Kunstwerk?
Prüfstand 7 erzählt von der Faszinationskraft der Rakete und erzählt Raketengeschichte neu: „Warum versuchte Wernher von Braun, sich mit einer V2 Rakete umzubringen?“ „Ist die Rakete ein männlicher oder eine weiblicher Körper?“, „Was weiss Ulf Mehrboldt?“, „Warum versagte General Dornberger am 3. Oktober 1942 nach dem ersten erfolgreichen Start die Sprache?“
Im Film trifft Dokumentarisches auf Inszeniertes, Wichtiges auf Abseitiges, Wissenschaft auf Kunst. Für Prüfstand 7 hat Thomas Pynchon erstmals die Verfilmung von Passagen aus seinem Roman „Die Enden der Parabel“ gestattet. Verleihmitteilung
15.7. 19.00 Uhr Der frühe deutsche Tonfilm Berlin - Alexanderplatz. Die Geschichte von Franz Biberkopf Phil Jutzi, Deutschland 1931, 89'
Döblins Roman vom Berliner Zement- und Transportarbeiter Franz Biberkopf, der, aus dem Gefängnis entlassen, ein ehrliches Leben führen will, Straßenverkäufer wird und an den Bandenchef Reinhold gerät, in der Kinofassung von 1931. Inszenatorisch und schauspielerisch beachtlich und als Dokument der Filmproduktion kurz vor dem „Dritten Reich“ von großem Interesse. Lexikon des internationalen Films
Gezeigt werden soll, dass und wie Alt und Neu, Kleinbürgerglück und Mädchenmörder, Hinterhaus und Wolkenkratzer in der Welt des Alexanderplatzes beisammen leben. Gezeigt werden soll ein kleiner Teil dieses Planeten, der aufgewühlt und umgebuddelt wird. Baugruben, Gerüste, Auf- und Umbau und dazwischen der Mensch Franz Biberkopf, der versucht, auf anständige Art sein Brot zu verdienen, und dem das Schicksal immer wieder einen Rammklotz auf den Schädel schickt. Als er ehrlich bleiben will, verliert er einen Arm (die Diebskollegen werfen ihn, den Ahnungslosen, vor ein verfolgendes Auto) und als er unehrlich geworden ist, verliert er sein Mädchen. Sein bester Freund sticht es ab. Aber Franz Biberkopf, der Mann mit dem unzerstörbaren Lebensmut, übersteht auch das. Als Straßenhändler am Alexanderplatz, ein Stehaufmännchen in der Hand, erscheint er am Schluss, ein rundliches und freundliches Sinnbild des Satzes: ‘Sei es was es sei, alles geht vorbei.’ O. A. Plaitzsch, Vossische Zeitung, Nr. 477, 9.10.1931, Abend-Ausgabe
16.7. 19.00 Uhr Lust auf Italien Die Marmorstraße/La strada del marmo Michael Trabitzsch, BRD/CH 2001, 82’ dt.U. (ital.)
Kein einzelnes Foto, keine Serie von Fotos, vermittelt einen wirklichen Eindruck von der Wucht, der Gewalt und dem Tod, die mit der Arbeit in den Marmorbrüchen bei Carrara, dem weltgrößten Abbaugebiet von weißem Marmor, verbunden sind.
Die Arbeitsplattform ist mehr als 2000 Meter hoch, die Wolken sind nah, ein großartiges Panorama breitet sich aus. Hinten das Meer, dann der Hafen von Carrara. Von Carrara ausgehend, mäandert die „Marmorstrasse“ wie die Finger einer Hand in alle Seitentäler, steigt - mal steil, mal langsam - an und endet überall in riesigen Steinbrüchen. Dort wird gearbeitet, wird Marmor abgebaut, werden 30-, 40-, manchmal 60-Tonnen-Blöcke herausgeschnitten. Riesige Maschinen dröhnen, alles dreht sich um den weißen Stein, den Stein Michelangelos, den weißen, makellosen Marmor, der über Jahrhunderte Sinnbild von Macht, Reinheit, Unvergänglichkeit geblieben ist.
Der Blick relativiert das menschliche Mass. Das Gebirge, die Arbeit, die Dimension der Steine, die immer drohende tödliche Gefahr: das alles hat etwas Monumentales. Fast jede Familie hier hat im Laufe der Jahre Tote zu beklagen gehabt, auch das hat die Menschen geprägt. (...) Columbusfilm.ch
18. bis 20.7. um 19.00 Uhr 18. bis 23.7. um 21.00 Uhr Vorpremiere Der Gitarrist und Sänger Boubacar Traoré African Blues/Je chanterai pour toi Jacques Sarasin, Frankreich 2002, 76' dt.U. (franz./lokale Spr.) Erstaufführung
Boubacar Traouré ist wieder ein Star. In den 6oer Jahren lauschten die Menschen in Mali jeden Morgen seiner melancholischen Stimme im Radio. Er sang von der Unabhängigkeit seines Landes und ermutigte seine Landsleute zurückzukehren, um die Heimat wiederaufzubauen. „KarKar“ nannten sie ihn, „schwarze Jacke“, und jeder Malinese seiner Generation erinnert sich daran, zu seinen Hits „Mali Twist“ und „Kayes Bar“ getanzt zu haben. Mit dem frühen Tod seiner geliebten Frau Pierrette änderten sich sein Leben und seine Musik. Der frühere „afrikanische Elvis“ erfand für sich in sehr persönlichen Liedern den African Blues, trat aber nicht mehr öffentlich auf, verdiente als Kleinhändler und Bauarbeiter mühsam seinen Lebensunterhalt. Bis ein begeisterter Musikproduzent den fast verschollenen Künstler aufspürte und zurück in die Öffentlichkeit brachte. Mit Konzerten und neuen Aufnahmen ist der wieder entdeckte Boubacar Traouré jetzt populärer als je zuvor. Für seine treuen Fans ist er ohnehin nie fort gewesen. (...)
Im Mittelpunkt aber steht die unverwechselbare, melancholisch-leidenschaftliche Musik von Boubacar Traouré, nach der man süchtig werden kann. Verleihmitteilung
21.7. 19.00 Uhr Der andere Blick Bunker - Die letzten Tage M. Reuter/G. Hodge, BRD 2002, 90' Erstaufführung Berliner Unterwelt - Bunkeranlagen des Zweiten Weltkriegs
Auf Spurensuche in der Unterwelt: Gut 40 Prozent der Bauwerke der Berliner Innenstadt liegen im Untergrund. In den letzten Tagen des Dritten Reiches waren es Schauplätze eines verzweifelten Überlebenskampfes, wie dieser Dokfilm durch faszinierende Aufnahmen, Zeitzeugenberichte und Archivmaterialien deutlich macht.
In der Direktive des Englischen Bomber Command vom 21. September 1940 hieß es: „Zielangriffe sollen jedoch stets in einem dicht bebauten Wohngebiet mit dem Schwerpunkt möglichst großer Materialzerstörung durchgeführt werden, die dem Gegner die Wucht und die Macht unserer Bomberstreitkräfte vor Augen führt“. Essen, Dortmund, Hamburg, Bremen ... Als dann im September 1940 Berlin bombardiert wurde und u.a. das Brandenburger Tor, das Reichstagsgebäude, die Akademie der Künste, das Hedwigs-Krankenhaus, ein Altersheim und ein Wohnviertel getroffen wurden, veranlassten die Nationalsozialisten für London einen Vergeltungsschlag und für die Reichshauptstadt Berlin ein Bunkerprogramm.
Dieses Bauprogramm sollte der Bevölkerung Sicherheit und Fürsorge suggerieren - Beton gegen Bomben. Dass die unterirdischen Schutzanlagen für die meisten Berliner zu ihrer letzten Hoffnung aufs Überleben wurden, damit rechnete niemand beim Bau des Bunkerlabyrinths. Der Film schildert den Alltag in den Bunkern bis hin zur Flucht aus diesen düsteren Zufluchtsorten. Teilweise waren und sind auch heute noch manche Bunker durch kilometerlange Tunnel miteinander verbunden
Zeitzeugen wie Waltraud Süßmilch, damals eine fünfzehnjährige Schülerin, sowie die junge Ärztin Gertraude Gerlach berichten im Dokumentarfilm, wie sie die letzten Kriegstage erlebten und überlebten. (…) mdr.de
22.7. 19.00 Uhr Der frühe deutsche Tonfilm Der Mörder Dimitri Karamasoff Fedor Ozep, Deutschland 1930/31, 91' mit Fritz Kortner, Anna Sten, Bernhard Minetti
Leutnant Dimitri Karamasoff erbittet von seinem Vater den mütterlichen Erbteil in Höhe von 3000 Rubel, um bei seinem Regiment die Kaution für die geplante Hochzeit mit seiner Braut Katja zu bezahlen. Von seinem Bruder Iwan erfährt Dimitri, dass der Vater beabsichtigt, die Dirne Gruschenka zu heiraten. Bei seinem Versuch, sie davon abzuhalten, verliebt sich Dimitri selbst in sie. Der Diener ermordet und beraubt den alten Karamasoff, der Verdacht fällt jedoch auf Dimitri.
Im Verlauf des Gerichtsprozesses gesteht der Diener Dimitris Bruder die Mordtat und übergibt ihm ein Päckchen, das angeblich das gestohlene Geld enthält. Iwan übergibt das Päckchen den Richtern, doch anstatt des Geldes enthält es einen Brief, in dem Dimitri droht, den Vater zu ermorden, falls er Gruschenka nicht aufgibt. Dimitri wird verurteilt und nach Sibirien verbannt, wohin ihm Gruschenka folgt.
23.7. 19.00 Uhr Lust auf Italien Die Väter des Nardino Wolf Gaudlitz, BRD 1988, 94' dt.U. (italienisch)
Manchmal dauern Wunder etwas länger. Aber dann kommt’s gleich dicke: Ein Film kommt sieben Jahre nach seiner Produktion ins Kino, und deshalb darf ein Toter noch einmal auf der großen Leinwand wiederauferstehen - so geschehen mit und in Wolf Gaudlitz Die Väter des Nardino.
Aber was heißt darf auferstehen? Bürgermeister Virgilio muß. Er findet keine Ruhe auf seinem Totenbett in dem sizilianischen Bergdorf. Erst zwinkert er dem Zuschauer vertraulich zu, dann richtet er sich auf, und schließlich ruft er laut nach dem Weinbauern Pasquale. Der war einmal sein Freund, aber dann nutzte Virgilio Pasquales Liebe zu einem Mädchen übel aus, drehte ihm ein Findelkind an und steckte ihn in die Psychiatrie. Jetzt soll Pasquale ihm endlich verzeihen. Doch Pasquale verkriecht sich lieber, mag das inzwischen zum Dorfkasper herangewachsene Findelkind Nardino auch noch so sehr um ihn herumhampeln und -hopsen.
Nardino gibt die Stimmung an in diesem Reich zwischen Leben und Tod. Die Tragik angesichts dessen, was zwei Männer einander angetan haben, steht zurück hinter skurrilem Humor. Regisseur Gaudlitz hat lange in Sizilien gelebt; er drehte eine eigenwillige Dokumentation über das Teatro Massimo in Palermo und dann diese Liebeserklärung an Sizilien, ganz ohne Mafia und Action. Aus einer Prise Achternbusch-Mummenschanz, einem Hauch Fellini-Surrealismus und einer Kleinigkeit Don Camillo und Peppone mixte er seinen sizilianischen Stil zusammen. Dafür bekam Gaudlitz 1989 den Bayerischen Filmpreis. Aber er fand keinen Verleih - bis Lothar Seelandts „Walfilm“ „Nardino“ unter seine Fittiche nahm. Und deshalb darf Nardino jetzt wieder auf dem Kutschbock hinter den schwarzen Rössern Platz nehmen, Virgilio seine eigene Totenglocke läuten und Pasquale vor sich hin grinsen. Solche Wunder gibt’s nur im Kino. Stefan Stosch, HAZ 11.1.96
25.7. um 19.30 Uhr 26.7. bis 3.8. um 19.00 und 21.00 Uhr Film des Monats Vorpremiere Elisabeth Kübler-Ross - dem Tod ins Gesicht sehen Stephan Haupt, Schweiz 2002, 98' Erstaufführung
Elisabeth Kübler-Ross hat sich ihr Leben lang mit dem Sterben beschäftigt und damit Weltruhm erlangt. Mit 23 Ehrendoktor-Titeln ist sie wahrscheinlich die akademisch meist ausgezeichnetste Frau der Welt. Ihr Engagement als Ärztin, Wissenschaftlerin und Autorin hat nach eigenem Bekunden „das Sterben aus der Toilette geholt“ und Sterbebegleitung überhaupt erst zum Thema gemacht. Der Kampf gegen die Tabuisierung des Todes in der westlichen Welt verbindet sich mit der Reibung an Autoritäten. Nicht zuletzt in der Konfrontation mit dem engen Weltbild der Schulmedizin und beeindruckt von Nah-Tod-Erfahrungen dringt Elisabeth Kübler–Ross in neue Grenzbereiche vor.
1926 in Zürich geboren, studierte sie gegen den Willen ihrer Eltern Medizin und kämpfte in den USA um Anerkennung als Psychiaterin. 1969 erlangte sie durch ihre Arbeit mit Sterbenden in Chicago und durch ihr Buch „On Death and Dying“ („Interviews mit Sterbenden“) internationalen Ruhm. Es folgten unzählige Workshop- und Vortragsreisen durch die ganze Welt und der Aufbau eines eigenen Zentrums in Virginia. 1994 wurde das Wohnhaus ihres Zentrums durch Brandstiftung zerstört - Anwohner fürchteten, sich mit Aids zu infizieren. Heute lebt die Schweizer Ärztin nach mehreren Schlaganfällen zurückgezogen in Arizona, nahe jenem Übergang, den sie selber so leidenschaftlich erforscht hat.
Im Zentrum des Films stehen die Gespräche mit Elisabeth Kübler-Ross in Arizona. Zu sehen ist eine psychisch vitale Frau, geistig glasklar, voller Humor und immer noch unbequem. Sie blickt auf ihr Leben zurück, erzählt von ihrer Kindheit, ihrer Arbeit mit Sterbenden und Aids-Kindern und davon, wie sie mit ihrem eigenen Altern und Sterben umzugehen versucht.
Statements ihrer beiden Drillingsschwestern, Interviews mit Freunden und Mitarbeitern sowie reichhaltiges Archivmaterial runden dieses angenehm unprätentiöse und differenzierte filmische Portrait ab. Verleihmitteilung
Im Anschluß an die Vorführung am 25.7.: Diskussion mit Gästen
27.7. 10.00 Uhr Komödien-Frühstück Harold und Maude/Harold and Maude Hal Ashby, USA 1971, 91’ Filmbeginn: 11.30 Uhr 9,90 E
Harold, ein junger Mann aus ebenso nobler wie reicher Familie, will keine rechte Freude am langweiligen und durch tausend Normen festgelegten Leben des gehobenen amerikanischen Bürgertums finden. Um seine allseits gewünschte Anpassung zu boykottieren, entwickelt Harold seltsame Vorlieben und Neigungen. Echtes Interesse findet er erst am wirklichen Tod, an Beerdigungen und Friedhöfen. Eines Tages lernt Harold die 79jährige Maude kennen. Die exzentrische alte Dame teilt seine Interessen, und zwischen Harold und Maude entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung - gegen den erbitterten Widerstand der Mitmenschen. Movieline.de
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