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Ausgabe 010

Clown aus S.

Leserbrief von Ingo Weikinnes, Blau-Wahl e.V., Sulingen

Wir schauen unserem Hobbykoch über die Schulter...

„Zuerst schälen wir ein wenig die Arbeitslosigkeit heraus. Schließlich bildet sie die Grundlage für unser Menü. Für viele ist sie ja schon die hauptsächliche Zutat wie damals die Kartoffel. So verwenden wir sie ebenfalls. Bei ihrem Aufkommen glaubten viele nicht daran, daß sie sich auch einmal bei ihnen festsetzen wird. Das waren noch Zeiten...

In Deutschland hat man dies zu einer gewissen Kultur erhoben. Fast jeder Manager rühmte sich, dafür etwas getan zu haben. Das bürokratische Schnickschnack lassen wir einfach weg.

Nun wenden wir uns den weiteren Beilagen zu. Von vielen alleinerziehenden Müttern und alten Frauen wird die Sozialhilfe gepriesen. Ja, regelrecht heimlich beschworen. Man kann sie in vielen kleinen Anträgen zergliedern, die dann immer wieder abgelehnt werden, was nur ihre Frustration erhöht.

Man muß die Arbeitslosigkeit immer mit Sozialhilfe kombinieren! Dann ergänzen sie sich. Dafür lassen wir den Urlaub weg. Was nur den besonderen Streß erhöht. Schließlich wollen wir uns hier nicht erholen, sondern überleben und leben vom Konsum.

Somit wachsen die Mietschulden etwas. Als Nebeneffekt droht dann der Wohnungsverlust. Aber es leben ja schon viele auf der Straße. Somit gilt dies als besonderer Beigeschmack. Es betont den latenten Reiz an diesem Essen, und ist in Wirklichkeit auch nicht etwa fade. Man muß nur das richtige Gespür dafür haben...

Wir verbessern den Geschmack noch mit einer richtig kaputten Beziehung. Sie sind billig und werden überall angeboten. Ehrliche Empfindungen darin lassen wir ganz weg. Lösen sie ab, mit Betrug, Unlauterkeit und Hintergehen. Dabei nehmen wir selbstverständlich in Kauf, daß es den Kindern nicht so recht schmeckt. Als Zutat ist eine kaputte Beziehung immer zu gebrauchen. Und wir sollten sie recht großzügig verwenden. Schließlich kennen es ja alle.

Mit etwas weißem Rum, ein bißchen Rotwein, oder, wenn gar nichts anderes geht, einem Kräuterlikör und viel Gerstensaft runden wir die Sache ab. Für die etwas gehobene Klasse mag auch Sekt dienen. Hier kommt es auf die persönliche Vorliebe an.

Unser Essen ist für mehrere Personen gedacht, und alle sollen ja satt werden.

Neben Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Mietschulden und kaputter Beziehung nehmen wir noch mangelnde Bildung und persönliche Disposition, sowie als besondere Zutat den Segen der Ärzte und Geistlichen.

Fertig ist unser psychotisches Gericht.

Nun stellen wir das Ganze in der Psychiatrie kalt.

Wir widmen uns nun der Behindertenwerkstatt als Nachtisch und als Garnierung die Frührente. Lösen mit Medikamenten den öden Beigeschmack. Servieren das Ganze unseren geladenen Gästen aus Sozialarbeitern, Berufsbetreuern, Ärzten, Seelsorgern und Psychologen mit endlosem Kaffee.

Natürlich wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Auch wenn schon einmal ein Selbstmord passiert. Wir schieben, wenn‘s sich um einen Ausländer handelt, einfach ab, oder den Ehrenamtlichen in die Schuhe.

Guten Appetit.“



Ingo Weikiness



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