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Ausgabe 010

EXPO 2000

von Enno Hagenah



Auch als GRÜNER freue ich mich auf den kritischen Dialog über die Zukunft mit Gästen aus aller Welt.

Trotz unserer Grundsatzkritik stehen auch wir zur gemeinsamen Verantwortung gastfreundlich die Teilnehmer und Besucher der EXPO 2000 in unserem Land zu begrüßen. Die können schließlich nichts dafür, dass die EXPO ihren eigenen Versprechungen nicht gerecht wird und inhaltlich enttäuscht. GRÜNE werden sich in die Fach-Diskussionen zu Zukunftsfragen einmischen, die während der EXPO parallel durchgeführt werden.

Unsere beharrliche Kritik an Form und Inhalten haben in der Vergangenheit zumindest in Teilbereichen einen produktiven Legitimationsdruck bei den Veranstaltern erzeugt.

Die inhaltliche Schwäche der EXPO wird in einigen Teilen des Themenparks und in Randbereichen (ca. 3 % des Finanzvolumens) wie Global Dialogue und weltweiten Expo-Projekten positiv durchbrochen. Hier sind innovative Ansätze der Entwicklungszusammenarbeit und neue Netzwerke im Entstehen. Dies wollen wir über die Weltausstellung hinaus erhalten.

Der grüne Umweltdezernent Hannovers z.B. nutzte den ökologischen Legitimationsdruck im Umfeld der Weltausstellungsplanung für ein stadtweites Investitionsprogramm „Stadt als Garten“ und eine weiträumige ökologische Aufwertung am Gelände. Daraus haben sich letztlich der positive Ansatz Stadt und Region als EXPO-nat und die weltweiten Projekte erst entwickelt.

Nachhaltigkeit ist die Auflösung des Spannungsfeldes zwischen der Befriedigung jetziger Bedürfnisse und zukünftiger Bedürfnisse von Mensch und Natur auf der Erde. Die Antwort der EXPO darauf ist die Technik.

Das ist und war in der Vergangenheit auch schon falsch. Mit Hilfe dieser Methode ist in den vergangenen 50 Jahren die Schere zwischen Arm und Reich auf der Welt immer größer geworden. Es geht zukünftig nicht darum, welche Technik für die Welt die Beste ist, sondern darum, wer über den Einsatz und die Verteilung der Technik entscheidet. Was kommt danach:

Grünes Ziel ist es, die durch die EXPO gesetzten willkürlichen Entwicklungsachsen um Messe, Flughafen und den stark expandierten Hotel- und Tagungsbereich in ein schlüssiges Nachnutzungskonzept für die Region Hannover und ganz Niedersachsen zu überführen. Das überdimensionierte EXPO-Erbe erfordert es in einem Verbund mit Harz, Heide und Weserbergland die touristische Attraktivität und das Angebot für Tagungs- und Messeveranstalter gemeinsam zu vermarkten.

Bundespolitisch sollte in Zukunft als Konsequenz aus der EXPO-Erfahrung auf derartige Einmalereignisse verzichtet werden. Der Nachweis der Nachhaltigkeit muss zukünftig zwingend zum Kriterium für Projektentscheidungen dieser Größenordnung gemacht werden.

Scheinprivatisierungen und haltlose Versprechungen zum wirtschaftlichen Ausgang, wie sie als bewußte Wählertäuschung diese Weltausstellung von Anfang an begleitet haben, dürfen sich nicht wiederholen. Gerade deshalb ist uns eine detaillierte Analyse des Komplexes EXPO 2000 wichtig. Die EXPO bleibt ein Faß ohne Boden.

Die Weltausstellung stand während der Planungsphase mehrfach auf der Kippe. Der knappe Ausgang der Bürgerbefragung in Hannover, die erfolgreiche Weigerung der CDU/FDP Bundesregierung die nationale Ausstellung zu finanzieren und die Personalquerelen und finanziellen Unzulänglichkeiten der Durchführungs-GmbH wurden mit immer neuen Versprechungen und viel Steuergeld, vor allem aus Niedersachsen, überwunden.

Das Steuergeld wurde verbraucht, die Versprechen wurden aber gebrochen.

Wir erleben derzeit eine Großveranstaltung der Bundesrepublik, die zu überwiegenden Teilen mit Steuergeld aus Niedersachsen in Milliardenhöhe insbesondere für die Infrastruktur (Straßen und Schiene) finanziert wurde.

Dennoch hatte der Landtag praktisch keine Einflußmöglichkeiten auf Inhalte und Organisation, weil er vor Jahren auf Druck des Bundes einem vorgeblichen Privatisierungskonzept des Münchner Unternehmensberaters Roland Berger zugestimmt hat.

Inzwischen hat Berger sein damaliges Konzept längst als gescheitert widerrufen. Dennoch hat das Land einen großen Teil der Kosten aus dieser Fehleinschätzung zahlen müssen.

Wieviel Steuergeld die EXPO Niedersachsen insgesamt noch kosten wird, werden wir erst am Jahresende wissen.


Enno Hagenah, MdL, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN



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