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Ausgabe 009

Verrückt!?

Von Ingo Weikinnes, Geschäftsführer des Blau Wahl e.V., Sulingen


Herr A. arbeitet ehrenamtlich. Oft 35 bis 45 Stunden pro Woche für seinen Verein, der als Interessenvertretung psychisch kranker Menschen im Landkreis Diepholz arbeitet. Er selbst ist als chronisch psychisch krank berentet. Und bekommt eine Rente, die etwas höher ist als die Sozialhilfe, so dass kein weiterer Anspruch besteht.

In seiner Eigenschaft als Betroffenenvertreter ist Herr A. Mitglied im Psychiatrie-Beirat des Landkreises. Ihm ist bewußt, dass er damit auch eine Feigenblattfunktion inne hat. Sein Verein ist Mitglied im Sozialpsychaitrischen Verbund und arbeitet dort ohne Aufwandsentschädigung, z.B. Fahrtkosten, in den Arbeitskreisen mit.

Herr A. leitet in Sulingen eine Begegnungsstätte für psychisch kranke und andere Menschen. Mit Erfolg. Er führt Beratungsgespräche, macht die Verwaltung des Vereins, setzt sich mit anderen psychiatrischen Einrichtungen auseinander, bemüht sich um die Bildung anderer Selbsthilfegruppen und unterstützt diese. Er macht Hausbesuche und bietet einmal pro Woche einen Besuchsdienst am Krankenhaus St. Annen-Stift in Twistringen an. Er geht dort über die Stationen und spricht mit den Patienten über ihre Probleme und geht auch schon mal mit ihnen einen Kaffee trinken. Dazu kommt die gesamte Öffentlichkeitsarbeit. Also ein Full-Time-Job ohne Bezahlung.

Nun möchte Herr A. auf Grund seiner finanziellen Misere seinen Status ändern und einen 630 DM-Job plus Nebenkosten im Psychobereich für sich beanspruchen. Schließlich bekommt er mit, was Berufsbetreuer verdienen, was Betreuungsvereine bekommen und hat auch sonstigen Einblick in die Psychoszene.

Herr A. muss einen Reha-Antrag stellen, beim Arbeitsamt, um in einer Behindertenwerkstatt zu arbeiten. Auf diesem Umweg gedenkt er vielleicht einen Außenarbeitsplatz bei seinem Verein über die WID (Werkstatt für Industrie und Dienstleistung) zu bekommen. Der Antrag wird bewilligt. Zunächst für ein halbes Jahr. Die Kosten Die Kosten dafür übernimmt die LVA Hannover mit monatlich 2.017 DM. Herr A. bekommt im Arbeitstrainingsbereich lediglich für seine Leistungen ein Mittagessen!

Auf seine Anfrage, worin der wesentliche Unterschied zwischen Arbeitstrainingsbereich und Arbeitsbereich liegt, bekommt er Zur Antwort, es gäbe keinen. Den Arbeitsbereich würd nach diesem halben Jahr das Sozialamt mit monatlich 2.017 DM zahlen.

Das sind im Jahr über 24.000 DM. Herr A. entwickelt ein Konzept für einen 630 DM-Job plus Nebenkosten. Dies würde im Jahr weniger als 10.000 DM kosten. Die Ersparnis liegt auf der Hand. Auch splittet Herr A. die Gesamtkosten für sein Konzept. Je zur Hälfte an den Landkreis Diepholz und der Bezirksregierung Hannover. Also jeweils weniger als 5.000 DM im Jahr. Die Bezirksregierung lehnt ab. Aus arbeitsrechtlichen Gründen und weil es sich um eine Projektförderung handelt. Der Landkreis will im Psychiatrie-Beirat am 15. März darüber beraten, da er nicht darüber entscheiden kann. Was macht Herr A. solange?

Herrn A. wird von Seiten der Behörden gesagt, er könne sich in Bezug auf die psychisch kranken Menschen in Sulingen und dem Landkreis Diepholz nicht abgrenzen. Dabei ist doch seine finanzielle Situation so bedrückend. Er möchte für seine Leistungen angemessen bezahlt werden. Doch dazu schweigt die Behörde!


BLAU WAHL e.V.

Beschwerdestelle für psychisch Kranke
Menschen im Landkreis Diepholz
Am Wolfsbaum 24 a
Tel.: 04271 - 95 24 99


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