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Ausgabe 008

Fleisch ohne Risiko

Von Johanne Sailer, BUND

Woher kommt unser (täglich) Fleisch?

Über 90 Prozent des deutschen Rind- und Schweinefleisches lassen sich nicht mehr garantiert von der Fleischtheke bis hin zum Ursprungstier zurückverfolgen. Bundesweit hat der BUND-Bundesverband recherchiert und dem deutschen Fleischhandel und der Bundesregierung „Verbrauchertäuschung und lasche Kontrollvorschriften“ vorgeworfen. 2500 Supermärkte und Metzger wurden befragt. Festgestellt hat man, dass den VerbraucherInnen die Wahl durch eine Fülle von Qualitätssiegeln und Sicherheitszusagen sehr schwer gemacht wird.

Situation im Landkreis Nienburg

Bei der Recherche im Landkreis Nienburg hat der BUND den vom Bundesverband ausgearbeiteten Fragebogen verwendet. Gefragt wurde, ob Öko-Fleisch oder Fleisch aus artgerechter Tierhaltung angeboten werde, der Betrieb CMA-Prüfsiegel-Fleisch führe, die Herkunft nachweisbar sei über Chargennummern oder bis hin zum Erzeugerbetrieb oder gar zum Einzeltier.

In erster Linie war die Befragung auf Supermärkte ausgerichtet. Die mit der Aktion befassten Personen waren jedoch der Meinung, dass Fleischerfachgeschäften ein hoher Stellenwert beigemessen werden sollte, da hier ein größeres Vertrauen zwischen Kunden und Geschäftsleuten bestehe als am Supermarkttresen.

Es entstand der Eindruck, dass gerade bei Fleischern, die noch selber schlachten, dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Die Fleischer lassen sich im allgemeinen von einem relativ kleinen, aber festen Erzeugerkreis beliefern. Die Landwirte wohnen in den umliegenden Dörfern und wurden uns namentlich genannt. Positiv erwähnt sei hier, dass z. T. mit Fotos der Erzeugerbetriebe geworben wird und Kunden die Möglichkeit haben, selbst Kontakt dorthin aufzunehmen.

Anders sieht es in den Supermärkten aus. Bundesweit fallen fünf Prozent des konventionellen Rindfleisches und zehn Prozent des üblichen Schweinefleisches unter das Prüfsiegel-Programm der CMA, das eine Herkunftskontrolle und artgerechte Tierhaltung gewährleisten soll. Doch die gängige Schlachtpraxis verschleiert die Fleischherkunft. Nach dem Wirbel um die BSE-Seuche hatte bereits Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert eindeutige Herkunftsnachweise für Rindfleisch zugesagt. Die seit dem 1. Juli 1998 gültige Rindfleisch-Etikettier-Verordnung lässt hingegen zu, dass beim Zerlegen der getöteten Tiere gleiche Teile wie Schultern, Hüftstücke oder Steaks aller an einem Tag geschlachteten Rinder zu sogenannten Chargen zusammengefasst und weiterverarbeitet werden. Dadurch geht die Identität des Einzeltieres verloren.

Außer bei Gutfleisch von Edeka ist das angeblich herkunftskontrollierte CMA-Prüfsiegel-Fleisch aus Chargen-Schlachthöfen allenfalls bis zum Erzeugerbetrieb möglich. Positiv sei erwähnt, dass Rewe in seinen MiniMal-Filialen TK-Rindermett aus dem Öko-Programm Füllhorn anbietet, jedoch in kaum erwähnenswerter Menge.

Aus personellen Gründen konnte keine flächendeckende Umfrage im Landkreis Nienburg durchgeführt werden, jedoch haben auch Verantwortliche aus Fleischerfachgeschäften und Supermärkten keine Eigeninitiative gezeigt, an der Umfrage teilzunehmen. Eine Befragung in 25 Geschäften hält der BUND indes für repräsentativ, zumal sich sehr schnell zeigte, dass sich die Antworten stark ähnelten.

Auf eine Befragung bei Biobauern und Neuland-Betrieben, die selber vermarkten, wurde verzichtet, da hier schon auf Grund der Richtlinien ein Einzeltiernachweis erforderlich ist. Bedauerlicherweise gibt es im Landkreis Nienburg weder ein Fleischerfachgeschäft, das Biofleisch oder Fleisch aus Neuland-Betrieben anbietet noch einen Marktstand mit entsprechenden Angeboten.

Ziel des BUND

Ziel des BUND ist ein flächendeckendes Angebot von Öko-Fleisch und Fleisch aus Neuland-Betrieben. Der Marktanteil von Öko-Fleisch sollte von derzeit zwei Prozent auf zehn Prozent in drei bis fünf Jahren steigen. Der Öko-Landbau muss auch politisch gewollt sein, das heißt, Umstellungswillige müssen besser finanziell unterstützt werden. Der BUND fordert ein Verbot von Antibiotika-Zusätzen in Futtermitteln. Es sind Leitbilder im Sinne des ökologischen Landbaus mit artgerechter Tierhaltung zu entwickeln und zu fördern. Ein Stallumbau-Programm muss aufgelegt werden, um Bauern bei tiergerechter Haltung zu unterstützen. Ebenso muss für Öko-Produkte offensiv geworben werden.

Fazit

Das eindeutige Ergebnis der bundesweiten Recherche heißt: Wirklich vertrauenswürdig ist nur Öko-Fleisch, das mit dem Siegel eines der anerkannten Verbände des Öko-Landbaus gekennzeichnet ist. Hier werden Rinder und Schweine artgerecht gehalten und gefüttert, bekommen keine antibiotisch wirksamen Leistungsförderer und die Herkunft jeden Fleischstücks lässt sich bis zum einzelnen Schlachttier zurückverfolgen. Ähnlich positiv hat das Markenfleisch von Neuland abgeschnitten.

Adressen von Bio-Bauern und Neuland-Betrieben aus dem Landkreis Nienburg, die Fleisch direkt vermarkten, sind im Umwelt- und Naturschutz-Zentrum des BUND erhältlich.

Da viele Konsumenten ihr Fleisch in erster Linie nach dem Inhalt ihres Geldbeutels kaufen, haben es die Alternativen schwer, sich durchzusetzen. Artgerechte Tierhaltung, Verwendung heimischer Futtermittel sowie Verzicht auf Leistungsförderer und prophylaktischen Einsatz von Antibiotika verteuern das Fleisch. Gerade deshalb ist eine offensive Bewerbung der Produkte erforderlich. Der höhere Portionspreis wird aufgefangen, wenn insgesamt weniger, dafür aber qualitativ hochwertiges Fleisch verzehrt wird. Dies kommt den Tieren, der eigenen Gesundheit und unserer Umwelt zugute. ¨



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