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Ausgabe 006



Jeder Schluck 'ne Mark

von Marion Koch, Ottersberg

Ich beginne mit der Frage: Was ist ein großer Wein? Die Antwort versteht jedoch nur, wer über sinnliches Einfühlungsvermögen verfügt, denn zuallererst handelt es sich hier um einen Wein, der für den wirklichen ganzheitlichen Genuß gemacht ist. Ein großer Wein ist von herausragender Aromafülle (Bouquet) und einem wunderbaren Harmoniegefüge der einzelnen Komponenten (Säure, Gerbstoff, Süße, Alkoholgehalt) geprägt. „Das Sinnbild eines perfekten Weines im Gleichgewicht ist die Kugel“ (Emile Peynaud). Seine außerordentliche Qualität resultiert nicht zuletzt aus einer sorgfältigen Verarbeitung bester Trauben. Große Weine sind vollendete Kunstwerke, einzigartig und beeindruckend; Balsam für die Seele.

„Der Unterschied zwischen einem großen Wein und einem Tafelwein ist so groß, wie der Unterschied zwischen einem Originalgemälde und seiner Schwarz-Weiß-Reproduktion auf dem Papier einer Tageszeitung“ (aus dem Franz., Pierre Poupon).

Große Weine verlangen ihren Preis, und schon allein aus diesem Grund ist ein Kennenlernen der „Spitzengewächse“ vielen Menschen versagt. Es ist davon auszugehen, daß nur etwa 200.000 bis 300.000 Frauen und Männer in Deutschland mehr oder weniger regelmäßig hochpreisige Weine trinken. Aus ökonomischer Perspektive betrachtet, entsprechen diese Zahlen einem Marktpotential von 0,25 - 0,38 %, bezogen auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands. Unter hochpreisigen Weinen werden Weine mit einem Endverbraucherpreis von über 20 Mark verstanden. Weltweit gibt es Tausende von Produzenten hochwertiger Weine, die jedoch alle nur relativ kleine Mengen herstellen. Somit wundert es nicht, daß nur ca. 1 - 2 % aller abgesetzten Weine in Deutschland auf das Hochpreissegment entfällt. Anders ausgedrückt: Nur ca. jede 100. Flasche Wein, die über den Ladentisch geht, hat über 20 Mark gekostet!

Wer schon einmal zu einer kostspieligen Flasche Wein gegriffen hat, weiß vielleicht, daß die Enttäuschung beim ersten Schluck groß sein kann. Damit das nicht wieder passiert, hier die wichtigsten Grundregeln für den Kauf von edlen Weinen:

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß jeder Wein einen sehr individuellen Reifungsprozeß durchläuft, dessen Dauer von vielen Faktoren abhängig ist. Wann der Wein optimalen Trinkgenuß bietet, ist vor allem von den Umständen des Lesejahres, der Rebsorte, dem Restzuckergehalt und der Güte der verwendeten Trauben sowie der Verarbeitungssorgfalt abhängig. Anhaltspunkte für Reifestadien finden sich z. B. in Weinbüchern und Fachzeitschriften, jedoch verbietet m. E. die Vielfalt der Weine diesbezügliche Generalisierungen. Besser ist es, sich bei Unsicherheit im Fachhandel beraten zu lassen oder die Meinung von versierten Weinkennerinnen oder Weinkennern einzuholen. Am allerbesten ist es jedoch, eigene Erfahrungen zu sammeln und selbst die geheimnisvolle Welt der Weine zu ergründen, „denn eine gute Flasche Wein ist wie eine lange Geschichte. Man muß sie öffnen wie ein Buch und darin mit allen Sinnen lesen“ (Poupon). Um dem Vergessen entgegenzuwirken, empfehle ich unbedingt das Anfertigen von Degustationsnotizen!



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