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Ausgabe 006



DAS CHAMÄLEON

Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen Mut-Verlages

Unter diesem Titel erschien im Jahre 1998 eine ca. 160-seitige Veröffentlichung, herausgegeben vom "Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya", die sich mit dem in Asendorf ansässigen "MUT"-Verlag befaßt. Um es vorweg zu nehmen, dieses Buch ist Pflichtlektüre für alle Menschen, die sich noch nicht resigniert in die Ecke gesetzt haben; es bietet eine Vielfalt an Informationen, auch für diejenigen, denen seit Jahren bekannt ist, daß in Asendorf ein rechter Verlag beheimatet ist, vielleicht auch vor Jahren an einer Demo in Asendorf gegen eben diesen Verlag bzw. gegen den Herausgeber der "MUT"-Zeitschrift beteiligt waren und der Meinung sind, sie wüßten "was dort läuft".

Es ist der Verdienst der Herausgeber und Herausgeberinnen, zu zeigen, wie dieser vormals offen faschistisch agierende Verlag sich im Laufe der Jahre gewandelt hat zu einem Verlag, der es sich heutzutage erlauben kann, Personen aus dem liberal-demokratischen und sozialistischem Spektrum anzusprechen, ohne daß diese Personen sich von diesem Verlag abwenden. Sie (bzw. ihre Beiträge) sind die vermeintliche demokratische Visitenkarte dieses Verlages; der reaktionäre Dreck wird in den folgenden Beiträgen nachgeliefert.

"Das Chamäleon" bietet zu Beginn der Veröffentlichung einen ausführlichen Überblick über die politische Geschichte und Entwicklung des "MUT"-Verlages und des Verlagsleiters Wintzek.

Analysen der "MUT"-Hefte und des "MUT"-Buchprogrammes folgen, einschließlich der Bewertung zahlreicher in MUT publizierender Autoren und Autorinnen.

Danach wird ein umfangreicher Briefwechsel des "Arbeitskreis(es) Kritische Nachbarschaft" mit etlichen der in "MUT" publizierenden Personen veröffentlicht, die mensch in der Mehrheit noch zur sogenannten "demokratischen Öffentlichkeit" zählt (u.a. mit Marion Gräfin Dönhoff, Jens Reich, Ignatz Bubis, Ralf Giordano, Oskar Lafontaine, Erhard Eppler). Nicht allen ist es peinlich, als MUT-Autoren bzw. -Autorinnen ertappt worden zu sein.

Die im "CHAMÄLEON" enthaltenen Informationen zum MUT-Verlag verleiten dazu, weitere Fragen zu diesem Verlag zu stellen, von denen ich mir wünsche, daß sie in einer hoffentlich bald erscheinenden zweiten Auflage zusätzlich beantwortet werden, zum Beispiel: - In den Briefwechseln mit MUT-Autoren und -Autorinnen wird häufig auf MUT-Mitarbeiter verwiesen, von denen die Schreiber und Schreiberinnen angesprochen worden sind. Diese Personen scheinen mir das Bindeglied vom MUT-Verlag zur sogenannten demokratischen Öffentlichkeit zu sein. Welche Personen stellen sich dafür mit welchen Absichten zur Verfügung?

Autoren, Autorinnen und Herausgeber werden umfassend analysiert. Wie verhält es sich mit der MUT-Leserschaft? Es ist bekannt, daß MUT unter anderem im heutigen Namibia etliche Leser und Leserinnen hat. Gibt es weitere Kontakte ins Ausland? Wo wird MUT in der BRD vertrieben?

Genug der Lobhudelei, auch das CHAMÄLEON ist nicht unantastbar, es gibt auch dort Bereiche, die ergänzt bzw. kritisiert werden sollten.

Auf S. 108 wird benannt, daß die ehemalige TAZ-Redakteurin Uta Stolle in "MUT" einen Hetzartikel gegen Sozialdemokraten publiziert hat. Frau Stolle stammt aus Nienburg und ist mit der hiesigen Stolle-Familie verwandt. Mitglieder dieser Familie sind häufig im rechten Spektrum (u.a. bei den Landsmannschaften) zu finden. Diese Information wäre auch in Hinblick auf die Verankerung des MUT-Verlages in den rechten Strukturen der Region erwähnenswert gewesen.

Der "Exkurs zur Evangelischen Akademie Loccum" (S. 81) erscheint mir arg fragmentarisch und der Bedeutung dieser Einrichtung nicht angemessen; die im Text benannte "Seminarsprengung" durch AtomkraftgegnerInnen fand übrigens nicht in den siebziger sondern in den achtziger Jahren statt.

Ein grundsätzliches Problem wird von den Autoren und Autorinnen elegant umgangen, und zwar die politische Einstufung des MUT-Verlages. Heißt es im Titel "Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen "MUT"-Verlages", so schließt die Einleitung des Buches mit dem Satz: "Auf eine gesonderte Definition des Faschismusbegriffs verzichten wir, weil wir meinen, daß diese sich aus dem Gesamtkontext des Buches ergibt. "Rechtsradikal" und "faschistisch" haben wir synonym verwendet."

Ist der MUT-Verlag "faschistisch" oder "rechtsradikal"? Durch die Gleichsetzung dieser beiden Begriffe haben Autoren und Autorinnen es geschafft, sich um diese Bewertung herumzudrücken. In der Nacht sind alle Katzen grau und "faschistisch" ist "rechtsradikal". Diese Bewertung hilft keinem weiter, aber immerhin kann jeder Leser und jede Leserin an Hand des ausführlichen Materials des Buches selber entscheiden, ob bei ihnen der MUT-Verlag als "faschistisch" oder als "rechtsradikal" eingestuft wird.


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